Der Sitz des Reiters
Das Ziel meines Sitzes ist eine gute Kommunikation mit meinem Pferd.
Ein Beispiel zur Betonung der Wichtigkeit: Ich möchte angaloppieren, sitze aber jeden Tag etwas anders, weil ich es nie korrekt gelernt habe oder es ist zu anstrengend, immer nur "korrekt" zu sitzen. Die Folge: Das Pferd hat nun drei Möglichkeiten, richtig, falsch oder gar nicht anzugaloppieren. Viele Reiter werden dann ungehalten und nicht selten wird das Pferd bestraft, obwohl es am wenigsten dafür kann. So sollte es also nicht sein...
Der Dressursitz
Als Basis beschreibe ich den Sitz während das Pferd steht. Ich sitze von oben nach unten gerade auf dem Pferd, meine Wirbelsäule steht senkrecht auf der Wirbelsäule des Pferdes, mein Kopf ist entspannt gerade, ebenso meine Schultern, von denen meine Arme locker und parallel zum Oberkörper herunterfallen. Die Unterarme winkele ich so an, dass vom Ellenbogen über die Hand und den Zügel bis hin zum Pferdemaul eine ungefähr gerade Linie entsteht. Die Fäuste stehen aufrecht. Der Zügel kommt zwischen dem kleinen und dem Ringfinger in die Faust, verläuft nach oben und kommt zwischen Zeigefinger und dem Daumen aus der Faust. Der Daumen fixiert den Zügel, in dem er wie ein Dach auf ihm steht.
Der Daumen ist sehr wichtig beim Halten des Zügels, weil ich für das korrekte Zügelmaß dann nicht so sehr die Finger zudrücken muss - das wiederum würde das Handgelenk zu fest werden lassen. Das werden wir im weiteren Verlauf wiederholt lesen. Alle Gelenke im Körper müssen beweglich bleiben. Denn ich möchte, dass sich mein Pferd ausdrucksstark, das heißt locker mit Schwung und Elastizität unter mir bewegen kann. Was es nur kann, wen ich in der Bewegung mitgehe (lockere Gelenke) und mich ausbalancieren kann (stabile Elastizität, gute Muskulatur). Spätestens jetzt versteht man, warum noch kein Reiter vom Himmel gefallen ist, sondern man lange und intensiv dafür arbeiten muss.
Der Sitz von der Seite gesehen
Schultern, Hüfte und Ferse sollen eine ungefähre Linie bilden. Da ich von oben nach unten gerade auf meinem Pferd sitze, fühle ich als Reiter, dass ich auf dem Schambein und auf beiden Gesäßknochen gleichzeitig sitze, so ist das Gewicht am optimalsten auf dem Pferderücken verteilt (wie ein Rucksack mit breiten Trägern, bequemer als ein Rucksack mit schmalen Trägern) und ich kann die Bewegung des Pferdes mit dem Becken vor und zurück mitgehen. Im Oberkörper bleibe ich dabei ruhig (überflüssige Bewegung auf dem Pferd stört es in seinem Bewegungsablauf).
Dann kommen wir zum Fesselgelenk, dieses ist beweglich, wenn die Ferse der tiefste Punkt des Reiters ist. So kann ich den Fuß gut im Bügel halten und habe mit der mitschwingenden Wade Kontakt zum Pferd. Das gleiche gilt für das Knie, auch das ist angewinkelt, damit es beweglich bleibt. Hier kommt hinzu, dass ich die Position des Beins verändern können muss -f ür den verwahrenden Schenkel nach hinten und für den mehr treibenden wieder nach vorn. Diese Bewegung mache ich aus dem Becken und dem Knie.
Nun noch einmal genauer zu den Schultern:
Wie positioniere ich meine Schultern, wenn sich das Pferd bewegt und ich es in wechselnde Richtungen biege? Die Antwort: Immer parallel zu den Schultern des Pferdes (wichtig drehbare Beweglichkeit des Oberkörper).
In der Biegung ist mein innerer Schenkel unter meiner Hüfte und das äußere Bein kann je nach Stärke der Biegung bis hinter das Gesäß zurückgeschoben werden.
Fazit: Wenn ich richtig reiten können möchte, ist es hilfreich, mit zusätzlicher Gymnastik meine Beweglichkeit zu fördern, damit ich es dem Pferd erleichtere, sich korrekt und sicher unter dem gut sitzenden Reiter zu bewegen, und dadurch Pferd und Reiter auch mehr Spaß haben.
Der Entlastungssitz
Das gleiche gilt auch für den leichten oder Entlastungssitz. Beim Reiten im Gelände, im Parcours und bei jungen Pferden variiert der Schwerpunkt des Pferdes vor und zurück. Der Leichte Sitz ermöglicht mir als Reiter mit diesem Schwerpunkt mitzugehen. Das heißt, ein Pferd ist z. B. im gestreckten Galopp oder im Gelände länger (Schwerpunkt weiter vorn) als ein gesetzt galoppierendes Pferd in der Bahn (Schwerpunkt weiter hinten). Der Schwerpunkt (die Mitte) des Pferdes ist weiter vorn, der Reiter entlastet mehr und geht mit nach vorn.
Im Parcours kann der Reiter vom Aufrichten und Einsitzen bis zur Entlastung (Oberkörper vor) variieren. In den Ecken und Wendungen richte ich mich auf, das Pferd wird kürzer und kommt besser und sicher durch die Wendungen. Auf einer Geraden kann es sein, dass ich mein Pferd mehr gehen lassen kann, es wird länger und der Schwerpunkt schiebt sich wieder mehr nach vorn, ich entlaste wieder mehr. Im leichten Sitz habe ich dementsprechend wesentlich mehr Gewicht im Bügel, dadurch federe ich auch mehr im Fesselgelenk. Auch der Knieschluss verstärkt sich mehr (sicherer Halt), ansonsten gibt es viele Parallelen zum Dressursitz:
- Unterarme und Zügel in einer Linie
- Gleiche Handhaltung
- Schultern parallel zu den Schultern des Pferdes
- Die Gelenke sind stabil aber elastisch
Die Unterschiede
- durch den vorgebeugten Oberkörper und dem trotzdem aufgerichteten Kopf entsteht ein Winkel nach hinten
- durch den vorgebeugten Oberkörper entsteht ebenfalls ein Winkel nach vorn in der Hüfte
- Der Winkel im Knie und Fesselgelenk ist kleiner da der Bügel kürzer ist
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Diese drei Unterschiede entlasten den Pferderücken. Daher ist der Leichte Sitz sehr angenehm für Pferde mit noch nicht genügender (ausreichender) Rückenmuskulatur. Aber auch für Reiter mit Rückenproblemen sehr angenehm, da durch das Ausbalancieren des Oberkörpers die Rückenmuskulatur gestärkt wird, was wiederum auch sehr von Vorteil für den Dressursitz ist. Daher sollte jeder Reiter beide Varianten des Sitzes beherrschen.
Foto1 Templermeister, Pixelio, Foto 2:: Pferde-Welt