Thema Pferdeschur - Pferde scheren ja oder nein?
Die natürlichste Variante ist, dem Pferd sein Winterfell zu lassen. Für Pferde, die die meiste Zeit im Freien verbringen sicher sinnvoll. Doch das stellt den Reiter vor Probleme - besonders zeitlicher Natur. Denn ein Pferd, mit dem man arbeitet, schwitzt natürlich stärker mit dem dicken Winterfell und es dauert länger, bis es wieder trocken ist. Stellt man das Pferd noch feucht wieder in die Box oder auf die Weide, sind gesundheitliche Probleme vorprogrammiert.
Soll ich mein Pferd scheren?
Das Fellscheren von Pferden ist in Reiterkreisen ebenso üblich geworden wie das Kürzen der Mähne. Man spart dadurch die Zeit fürs Trockenführen und das damit verbundene häufige Wechseln der Abschwitzdecke.
Die Nachteile
Geschorenen Pferden fehlt die isolierende Luftschicht, die sie warm hält. Bei der Arbeit fließt der Schweiß unnatürlich schnell ab, denn es fehlen die Haare, die den Schweiß auf der Haut halten sollen. Somit kann der Schweiß seine Kühlfunktion durch Verdunsten nicht mehr erfüllen. Das Pferd wird wegen dieser mangelnden Kühlung seine Körpertemperatur weiter erhöhen und dadurch noch mehr Schweiß produzieren, dies geht dann meist einher mit hohem Elektrolyt-Verlust.
Was man noch bedenken sollte: Eine Komplettschur dauert etwa drei Stunden. Das Pferd muss also drei Stunden möglichst still stehen und die unbekannten Geräusche ertragen. Für nervöse und ängstliche Pferde eine ziemliche Tortur.
Die Vorteile
Es gibt natürlich auch gute Gründe für eine Pferdeschur/Teilschur.
Man verhindert, dass das Pferd ein sehr dickes Winterfell bekommt, mit dem es schnell schwitzt und das nur sehr langsam wieder trocknet. Das ist gerade wichtig bei Pferden, die jeden Tag bewegt werden. Je nachdem, was - und wie oft - ein Pferd leisten soll, bedeutet eine Schur also Zeitersparnis und eine gewisse Erleichterung für Pferd und Reiter. Das Pferd schwitzt nicht so stark, dass man nach der Arbeit extrem aufpassen muss, dass es nicht unterkühlt. Temperaturunterschiede kann man mit Decken ausgleichen.
Bei Pferden, die einen Großteil ihrer Zeit in der Box bzw. im Stall verbringen, ist durch die relativ milde Temperatur ein Winterfell nicht notwendig.
Das Scheren
Die Schur wird in der Regel zweimal durchgeführt, einmal im November/Dezember und noch einmal im Januar/Februar.
Grundsätzlich unterscheidet man in Teilschur und Komplettschur. Bei einer Komplett- oder Vollschur wird das ganze Fell entfernt, lediglich am Schweifansatz bleibt ein kleines Dreieck und ein schmaler Streifen entlang des Mähnenansatzes, der um den Widerrist breiter wird, stehen.. Dies macht man nur bei Pferden, die sehr viel arbeiten müssen und auch im Winter auf Turniere gehen. Sie müssen, außer bei der Arbeit, ständig eingedeckt sein.
Beim Jagd- oder Standartschnitt wird der Körper und der Kopf gekürzt, die Beine und eine Stelle auf dem Rücken in Form des Sattels bleiben ungeschoren. Eine Teilschur, wie zum Beispiel der Deckenschnitt, heißt deswegen so, weil der ungeschorene Teil sich wie eine Decke auf Rücken, Lenden und Kruppe legt.
Beim Streifenschnitt muss das Pferd am wenigsten Fell lassen: Nur ein Streifen, der sich an der Unterseite des Halses über die Brust bis zur Hinterhand zieht, wird abgeschoren - genau die Stellen, an denen das Pferd am meisten schwitzt. Es braucht dann nur an wirklich kalten Tagen eine Decke.
Tipps hierzu liefert Valerie Watsons "Pferde richtig scheren", erschienen bei Kalvalkade.
Wenn man die Schur selbst vornehmen möchte, ist ein Scherapparat notwendig, die Kosten hierfür liegen bei ca. 200 Euro. Hin und wieder ist auch ein Wechsel der Klingen nötig, ein neuer Satz kostet ca. 30 Euro. Wenn man sich eine Schur nicht selbst zutraut, findet man in jedem Stall sicher jemanden, der das Equipment hat und helfen kann. Die Kosten betragen für eine Teilschur zwischen 25 und 30 Euro und für eine Komplettschur (ohne Beine) zwischen 35 und 40 Euro.
Eindecken
Die dritte Variante ist das Eindecken mit verschiedenen Decken, manchmal auch kombiniert mit einer Pferdeschur. Fängt man im Herbst rechtzeitig an, sein Pferd mit einer leichten Decke einzudecken, wächst das Winterfell erst gar nicht so stark. Bei Minusgraden kann man dann zu einer wärmeren Thermodecke wechseln. Bei Pferden, die ohnehin kein so dickes Winterfell bekommen, kann man so unter Umständen das Scheren ganz vermeiden.
Muss denn das Eindecken überhaupt sein?
Pferde frieren längst nicht so leicht wie Menschen. Jeder Pferdebesitzer sollte also nicht von sich aufs Pferd schließen, sondern sein Pferd genau beobachten. Pferde, die artgerecht gehalten werden und ihr Winterfell behalten dürfen, stecken auch große Temperaturunterschiede locker weg ohne sich zu erkälten. Natürlich sind nicht alle Pferde gleich robust und es gibt empfindlichere Pferde, die besonders nasskaltes Wetter nicht so gut vertragen können. Hier kann also eine Decke durchaus sinnvoll sein.
Bei Pferden, die geschoren wurden, sieht es natürlich anders aus. Bei ihnen funktioniert der natürliche Thermoregulationsmechanismus nicht mehr, sie brauchen eine Decke zum Ausgleich. Sonst drohen Unterkühlung der Atemwege und der Nieren.
Fotos: Pferde-Welt.info